Outdoormode, Loden und wie alles zusammengeht! Ein Tag im März 2002, der alles veränderte...

...als ich von zuviel Arbeit ausgebrannt für ein verlängertes Wochenende nach Oberstdorf gefahren bin. Damals begann meine große Wanderleidenschaft auf dem Weg zum Freibergsee. Mit Secondhand-Pseudo-Wanderschuhen kam ich Samstags dort an. Überwältigt von der grandiosen Aussicht saß ich dort am Ufer des in die Berge eingebetteten Sees und fragte mich, warum ich das noch nicht längst gemacht hatte.

 

Ich wollte und konnte an diesem Dreitagewochenende nicht aufhören zu laufen. Und zu staunen. Mein Körper kam zu seinem Recht, wie ein Verdurstender an der rettenden Quelle. Abends kam ich kaum die Treppe runter in meinem Hotel vor lauter Muskelkater, aber ich war glücklich wie lange nicht mehr! Am dritten Tag hatten die Geschäfte auf und noch in Oberstdorf kaufte ich mir richtige Wanderschuhe.

Ab diesem Zeitpunkt lief ich jeden Sonntag los. Eines fiel mir auf: daß mich das verschwitzte Baumwollshirt nach intensiver Ausdauertätigkeit bei der nächsten Pause zum Zähneklappern brachte. Da half auch der heiße Tee nur noch bedingt. Damals kannte ich noch niemanden, der Bergsport betrieb und das Internet nutzte ich zwar, aber es gab einfach nicht so viele Informationen wie heute.

Ich schaute mich in einem Mode-und Sporthaus in Memmingen um. Es gab damals im Jahre 2002 bereits Fleecepullover. Aber nur in unisex und erst ab Größe 36/38 !!! Dazu konnte ich mich beim besten Willen und dringendem Bedarf nicht überwinden. Wer mich schon mal aus der Nähe gesehen hat, weiß, daß ich ein „Fliegengewicht“ bin, und die Verkäuferin, die mir die Kinderabteilung empfahl, habe ich in den Senkel gestellt, daß man einer stilbewußten Frau über 30 doch wohl kaum seriös eine derartige Empfehlung geben kann. Wie konnte ich mein Problem lösen? Das Internet war noch in den Kinderschuhen, und ebenfalls die Outdoormodebranche. Frauen gehörten da nicht wirklich zur Zielgruppe. Überall Unisex und Forstarbeiterfarben.

Schließlich fand ich eine Damen-Fleecejacke in schwarz und Sportunterwäsche in sexy grau. Immer noch besser als Olivgrün und Bärenbraun. Und besser als weite Karoblusen. Bei H&M kaufte ich mir eine Cargohose mit coolem Schnitt, eine Mischung aus Polyamid und Baumwolle, das war wirklich ok und tausendmal kleidsamer als die olivfarbenen Wanderhosen in Karottenform, wo mir der Taillenbund unter dem BH hing. Ich wollte Funktion und Stil gleichzeitig! Mir war es nicht egal, wie ich aussah!

Von nun an beschäftigte ich mich jede neue Saison passioniert mit der neuesten Wandermode! Obwohl ich kein großes Budget hatte, versuchte ich immer, tolle Sachen zu finden. Nachdem unser Hund daheim einzog, veränderte sich alles noch stärker. Nun wollte ich kein Schwarz mehr tragen, denn Labbimädchen Leila ist blond! Außerdem klebten die Hundehaare an Polyester vorzüglich! Natürlich sprang ich im ersten Lebensjahr meines Hundes mehrmals am Tag die Treppe hinunter, um mal schnell eine Gassirunde zu drehen. Dabei mußte ich aufpassen, daß Leila mich nicht mit ihrem Sturm und Drang von den hohen Absätzen riß! Da waren die Outdoorsachen vom Wandern doch viel praktischer! Daß ich damit im Alltag vor allem in der Kleinstadt Memmingen eventuell seltsam auffiel, war mir egal. Und als die Outdoormode immer farbiger und schicker wurde, fiel ich immer weniger aus dem Rahmen.

 

Seitdem hat sich viel verändert. Man kann Alltagsmode und Sportkleidung heute super kombinieren, manche Sportkleidung scheint sogar eher ein Lifestyleprodukt zu sein. Und das machte mir am meisten Spaß: tolle Funktion, super Farben und im Alltag allen Situationen In-und Outdoor im Wechsel begegnen zu können. So bin ich beim Ausprobieren irgendwann auf Merinowolle gestoßen. Das war dann nochmal ein Fortschritt in der ganzen Suche, denn nun hatte ich nicht nur Funktionsteile, die mich beim Schwitzen entlasteten, sondern auch Shirts, die mich wirklich nachhaltig wärmten. Ein Merinowolleshirt wärmt einfach bei gleicher Garnstärke viel,viel besser als ein Baumwollshirt. Und das fand ich auch im Alltag zunehmend unentbehrlich. Zumindest in den kälteren Monaten. In den warmen Monaten finde ich persönlich ein Merinoshirt ebenfalls viel angenehmer zu tragen als ein Baumwollshirt, da Wolle temperaturausgleichend wirkt. Und man kann Merinoshirts länger tragen, denn sie sind stark geruchsmindernd, so braucht man nicht soviel Waschvorgänge, das schont Fasern und die Umwelt.

 

Wolle hat seit der Verbreitung der Merinoshirts ein ganz anderes Gesicht bekommen. Gerade meine Generation hatte keine Lust auf Wolle, denn man hat sie als kratzige Strumpfhose oder so ähnlich in Erinnerung, ein Material, was bäuerlich-dörflich erschien und an Kriegszeiten erinnerte. Damals gab es aber nur Wolle von einheimischen Rassen, und die Wolle dieser Tiere ist an unsere klimatischen Verhältnisse angepasst. In Neuseeland, Australien und in Südamerika wird das Merinoschaf gezüchtet, welches außergewöhnliche weiche Wolle hergibt.

Mich faszinierte die Tatsache, daß Wolle von Natur aus vieles mitbringt, was man bei vielen Funktionsfasern chemisch herstellt. Und so kam ich zum LODEN!

 

Einfach wunderschön, weil

 

- natürliches, hochwertiges Material, unmittelbar sichtbar und spürbar

 

- in vielen Farben erhältlich durch hohe Färbeeigenschaften

 

- Tradition bewahrt wird durch aufwändigen Herstellungsprozeß

 

-trotzdem Innovation in Ausrüstung und Gestaltung möglich ist

 

- vielseitige Verarbeitungsmöglichkeiten

 

- gute Formbeständigkeit

 

- Outdoor - geeignet

 

- ebenfalls für festliche Anlässe geeignet

 

- durch Wollfett in den Fasern natürlich schmutzabweisend

 

- durch Lüften geruchsfrei

 

Mir gefiel die Idee, daraus tolle, moderne Outdoorkleidung herzustellen, und meine ersten Versuche, eine Jacke und dann eine Weste zum Wandern herzustellen, bestätigten mich. Meinen Prototyp trage ich noch heute, die Jacke ist wie eine zweite Haut. Wenn mir kühl ist, ziehe ich einfach den Reißverschluß bis unters Kinn hoch. Das war der Start von „Wildfräulein“ !

 

Meine Auswahl von Lodenstoffen aus Bayern und Tirol sind wunderbar weich, nicht kratzig und vermitteln das Gefühl von Geborgenheit und Wärme. Ich liebe es, sie zu tragen, weil sie sehr leicht sind und man sich nicht eingeengt fühlt. Mit meinen Schnitten möchte ich dem Körper eine schöne Form geben und trotzdem bequemen Komfort erreichen. Bei der Verarbeitung verzichte ich auf schwere Klebeeinlagen, eine moderne, leichte Herstellungsweise ist mir wichtig. Ich fühle mich gut und passend angezogen, sowohl im Alltag, als auch vor allem draußen in der Natur beim Wandern oder auf Skitour. Sogar auf sportlicheren Touren ist der leichte Walkloden sehr atmungsaktiv . Bei der Gipfelrast ist der Stoff meiner Weste wie immer durch den enganliegenden Rucksack und die Anstrengungen des Aufstiegs ein bißchen durchfeuchtet, aber die Schurwolle wärmt und schützt vor Auskühlung. Sollten Wind oder Regen zu stark werden, muss halt die Regenjacke drüber. Total wasserabweisenden Loden verarbeite ich bislang nicht, da er starrer und nicht so bequem ist und nur als absolute dritte Schicht dienen kann.

Was mich bei vielen Sportbekleidungen stört: daß Materialien wie Goretex zwar unheimlich gut und praktisch sind, aber leider nicht abbaubar. Viele künstlich hergestellte Funktionsfasern halten ewig. Das widerspricht dem Drang zum immer wieder Neuen!

Ich persönlich versuche, meine Sachen sorgsam zu pflegen,egal ob Naturfaser oder Funktionsfaser, auszubürsten, nicht in der Sonne zu trocknen, mild und kalt waschen, repariere, was kaputt ist, und benutze die Teile auch wirklich häufig!

Gute Ware bleicht nicht aus, ist formbeständig und reißfest. Was auf einem Dreitausender hält, ist zu schade, es nur ein paarmal im Jahr anzuziehen. Also ruhig strapazieren bis man dann wirklich sagt: ok, das ziehe ich jetzt zum Baumfällen oder bei der Gartenarbeit an. Die Firma Patagonia zum Beispiel hat mal einen mobilen Reparaturservice angeboten, das fand ich einen wunderbaren Einfall!

Pflegen und Reparieren schont unsere Ressourcen auf ganz unwissenschaftliche und von jedermann/frau machbare Art und Weise ;)

Wie schafft man es aber nun, daß es einem nicht langweilig wird? Man will ja nicht ständig gleich aussehen!

 

- Nur kaufen, was einem hundertprozentig steht ( lebenslange Erfahrung oder gute Beratung)

 

- schöne Teile, die einem etwas wert sind ( mit Wert ist hier nicht unbedingt Geldwert gemeint :D )

 

- auch etwas kostengünstiges kann manchmal sehr gut ausschauen ( muß Potential zum Lieblingsteil   haben)

 

- auf Kombinationsfähigkeit schon beim Kauf achten ( oh, irgendwie passt da jetzt gar nichts dazu ;) )

 

- die Schuhe dazu immer im Hinterkopf haben ( alles paßt, nur die Schuhe nicht dazu …)

 

- was will ich alles damit machen ( erst denken, dann kaufen)

 

- nette Accessoires ( ruhig mal was ausgefallenes, konträres)

 

Dann kannst Du variieren und auch mal ungewöhnliche Kombinationen testen. Letztendlich fühlst Du Dich damit wohler als mit planlos zusammengewürfeltem Zeug! Dann wird es Dir garantiert nicht langweilig. Und vor allem: Du schaust einfach gut aus! Und das wirkt nach außen in die Welt!

 

Schreibt doch in die Kommentare, was ihr für Erfahrungen gesammelt habt! Würde mich sehr freuen! 

 

Lasst es euch gutgehen,

Eure

Sabine